Maschinelles Nassschleifen top oder flop?
Da mir zufällig aufgefallen ist, dass mein 200. Beitrag ansteht habe ich mir gedacht ich mach mal was „besonderes“.
Ich bereite gerade einen Opel Astra meines besten Freundes auf und der Zustand ist dank übermotiviertem Vorbesitzer wirklich schrecklich (Show it off folgt wenn das Auto komplett fertig ist). Nahezu an jedem Bauteil waren Massen an Sprühdosen Lack verarbeitet. Außen rum wurde selbstverständlich auch nichts abgedeckt oder so, sodass eigentlich fast alles mit dem Lacknebel in Berührung kam.
Was macht man da? Richtig, schön erst mal das 2000er Nikken im Wasser einlegen. Nachdem ich ca. 4-5 Stunden gebraucht habe einen Kotflügel vorne zu schleifen, sodass ich mit dem Ergebnis zufrieden war habe ich mir gedacht, dass das so nicht weitergehen kann. Zumal der Kotflügel im Vergleich zu anderen Bauteilen wirklich nicht ganz so schlimm war.
Ich habe einmal in einem englischen Autopflegeforum einen Bericht von Paul Dalton gesehen wie er ein komplettes Auto maschinell nassschleift -> da muss es ja was geben. Nach einer Stunde googlen hatte ich dann auch das passende gefunden.
Abralon Schleifscheiben im 150er Durchmesser mit 2000 „Körnung“.
Die Teile sind leider derzeit soweit ich weiß bei keinem unserer Forenpartner zu beziehen, also musste Amazon herhalten.
Gesagt getan, so sieht das ganze aus:
Die Scheibe ist ca. 4-5mm dick und eigentlich eine Art Stoff würde ich jetzt mal sagen. Das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt, mehr so wie klassisches Schleifpapier, aber egal die Hauptsache ist, dass es wirkt.
Verarbeitet habe ich das ganze auf der Rotationsmaschine mit dem beliebten 3M Stützteller,
Auf Stufe 1, was 900 Umdrehungen pro Minute entspricht.
Die umliegenden Kanten habe ich anfangs einfach, später dann doppelt mit dem 3M Lackiererklebeband abgeklebt.
Hier mal ein Bild von der Ausgangslage. Wer denkt, dass es sich hier um zu dicke aufgetragenes Wachs handelt liegt falsch
Auch an Kratzern wurde auf dem Lack nicht gespart...
Hier sieht man richtig schön den dicken Lacknebel.
Unter der Kante ging es genauso weiter. Was übrigens Überlackiert werden sollte konnte ich leider nicht Nachvollziehen...
Schöner, tiefer Kratzer
Hier mal ein Bild nach dem ersten Durchgang.
Die Vorgehensweise war wie folgt: das Bauteil + die Abralonscheibe großzügig mit Dodo Juice Born to be slippy einsprühen, Maschine aufsetzen, auf Stufe eins mit wenig Druck bei ca. 4cm pro Sekunde Schubgeschwindigkeit jede Stelle 2 mal abfahren. Dann war der Lack gerade noch feucht. Also wieder alles einsprühen, nochmal wie oben beschrieben alle Stellen zweimal abfahren. Anschließend habe ich mit einem All purpose Tuch von Lupus Autopflege Shop das Born slippy wieder abgenommen um den Zustand zu kontrollieren und um nicht die ganze Zeit auf dem abgelösten Lack herumzuschleifen.
Andere Perspektive:
Der Unterschied zwischen 2x geschliffen und ungeschliffen:
Da allerdings noch ein Haufen unnützer Lack da war ging es weiter:
Und noch eine Runde:
Da ich so langsam aber sicher immer näher an die Kante kam habe ich diese abgeklebt, um nicht ausversehen an der Stelle durch zu schleifen.
So langsam aber sicher wird das ganze doch schon mal recht schön, allerdings hat mich eine Stelle noch etwas gestört:
Also nochmal schleifen. Vorher:
Nachher:
Mittlerweile haben sich am restlichen Lack auch schöne Schleifspuren aufgetan:
Aber das wirklich heftige kommt ja erst noch:
Stellenweise war der Originallack noch zu sehen, den Übergang hat man trotz Stoff- und Gummihandschuhen übereinander noch deutlichst gespürt.
Also los geht’s:
Eine minimale Verbesserung trat ein. Allerdings hatte die Schleifscheibe deutlich an Biss verloren. Einmal kurz auswaschen, um den abgeschliffenen Lack wieder aus den Poren der Schleifscheibe zu spülen und es konnte wieder aggressiv weitergehen.
Hier nach dem Durchgang mit der frisch gespülten Scheibe:
Da ging schon einiges mehr runter.
Das Abklebeband musste ab und zu auf den Kunststoffteilen erneuert werden, da das Born Slippy recht schnell zwischen das Klebeband und den Kunststoff fließt und so das Klebeband ablöst.
Zwischenstand, die Spuren sind noch Reste von dem Born Slippy. Vor dem Polieren habe ich den Lack mit Valet Pro Citrus Bling 1:10 gereinigt.
Hier ist wieder alles abgeklebt und vorbereitet für die Politur. Poliert wurde mit der Menzerna IP1000 sowie den Lake Country Pads in orange. Drehzahl ca. 2000 Umdrehungen pro Minute und ein Vorschub von ca. 2 cm pro Sekunde. Druck würde ich jetzt mal als Mittelstark beschreiben.
Ergebnis nach dem 1. Durchgang:
Näher ran:
Das kann sich doch schon mal sehenlassen oder? Leider haben sich nach der Kontrolle mit dem Isopropylalkohol – Wasser Gemisch noch ein paar Schleifriefen gezeigt, also nochmal ran:
Jetzt ists in Ordnung, auch die Spiegelung des Baustrahlers ist deutlich schöner und klarer.
Hier noch der Grund warum ich anschließend alles doppelt abgeklebt habe:
Man stelle sich vor hier wäre kein Klebeband als Schutz gewesen...
Ein 50/50 ohne Abkleben oder direkte Beleuchtung. Ich denke man kann erkennen wo ich poliert habe
Und fertig. Als Finishingpolitur habe ich die Menzerna FF3000 sowie schwarze Lake Country Pads verwendet.
Die Politurreste in den Ritzen wurden selbstredend noch entfernt!
Herrlich:
Wie man sehen kann war ich an den Kanten trotz abkleben recht vorsichtig.
Jetzt zum spannenden Teil:
Spritzt das eigentlich sehr?
JA!
Reiche ich das bei The Art of dirt ein?
JA!
Das Gute an der Nutzung der Born to be slippy war folgendes: Durch das Schleifen entstand Schaum. Und der fliegt nicht so weit wie Wasser. Dadurch war die Decke fleckenfrei und der Boden ist dank Fliesen leicht zu reinigen.
Hier noch mal weil es so schön war:
Es war wirklich herrlich sich diesen Lack anzuschauen, ein glasklares Finish welches ich in dieser Perfektion noch nie erleben durfte. Kein Kratzerchen oder dergleichen trüben den Eindruck -> Hammergeil.
Wie viel schöner das Finish ist als das nach dem normalen Polieren zeige ich euch mal:
Der hintere Kotflügel wurde nicht nachlackiert und hätte eigentlich nicht geschliffen werden müssen. Also habe ich wie bei den geschliffenen Stellen zwei Durchgänge mit der Menzerna IP1000 gemacht, nur um dann festzustellen, dass das nichts ist. Vergleich Finish geschliffen (links) und ohne schleifen, nur zwei mal poliert (rechts):
1A Orangenhaut.
Im Vergleich nochmal das Geschliffene (die Punkte sind angetrocknetes Born slippy...):
Fazit:
Die erhoffte Geschwindigkeitssteigerung traf ein. Ich habe allerdings trotzdem pro Bauteil ca. 3-4 Stunden Zeit gebraucht bis zum Finish.
Den Gebrauch würde ich nur sehr erfahrenen Nutzern und Profis empfehlen die wirklich wissen was sie da tun, mit so einer Scheibe kann man schnell mehr kaputt machen als es einem lieb ist. Wenn man sich jedoch die Mühe macht und die Abralon Scheiben nutzt wird man mit einem umwerfenden Endergebnis belohnt das wirklich seinesgleichen sucht.
Mit knapp 3,5€ pro Stück sind die Scheiben zwar nicht wirklich günstig, aber man kommt mit einer Scheibe schon recht weit. Wichtig ist es, dass immer genug Wasser auf dem Lack steht, um den Verschleiß an der Scheibe im Rahmen zu halten.
Ich hoffe euch hat mein Testbericht gefallen und der eine oder andere versucht sich auch mal mit den Schleifscheiben.
Für Lob, Kritik und Anregungen bin ich immer zu haben, Dankeschön ☺
Grüße,
Christian